Andreas Winter 
Auf die lange Sicht bereuen wir die Dinge, die wir nicht gemacht haben

LSBTTIQ

In den letzten Jahren ist gerade hier viel geschehen. Die Ehe für Alle, eine langjährige Grüne Forderung ist kurz vor der Bundestagswahl 2017 „eingetütet“ worden. Sind die Umstände dafür auch etwas überraschend gewesen, ist es im Ergebnis eine lang ersehnte und längst überfällige Gleichstellung von gleichgeschlechtlich Liebenden. Fast alle europäischen Länder haben diesen Schritt weit vor der Bundesrepublik Deutschland vollzogen.

§ 175 und die Folgen bis heute
Die Rehabilitierung von Justizopfern der Verurteilten nach § 175, der bis 1969/1973 in der durch die Nazis verschärften Gesetzgebung in Westdeutschland existierte und erst 1994 gänzlich abgeschafft wurde, war ebenso ein längst überfälliger Schritt. Dass endlich denen Gerechtigkeit widerfahren ist, die unter einer heute unvorstellbaren Gesetzgebung gelitten haben und verurteilt wurden, ist wichtig und richtig, auch wenn es für manche zu spät kam. Gut, dass dieser Aspekt der Verfolgung auch gerade im neu eröffneten Lern- und Gedenkort Hotel Silber aufgearbeitet werden kann.

Noch immer keine Selbstverständlichkeit
Aber trotzdem gibt es noch nicht überall eine selbstverständliche Normalität für *Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen! Noch immer ist die Suizidrate von queeren Menschen höher und viele erleben im privaten wie im beruflichen Leben Ausgrenzung und Diskriminierung. Es ist auch Aufgabe von Kommunen, hier Beratungsstellen zu ermöglichen und Institutionen wie der Weissenburg, dem FEZ, aber auch der Aidshilfe weiter in ihrer Aufklärungsarbeit zu unterstützen. Wir haben dies in den letzten Jahren, wo immer möglich, unterstützt und die Stellen geschaffen bzw. erfolgreich uns für die entsprechenden Mittel eingesetzt.

Aufklärung und Koordinierung
Jetzt ist es an der Zeit auch bei der Stadt Stuttgart noch eine Koordinierungsstelle für all die Beratungsmöglichkeiten einzurichten, die nach außen wie auch nach innen in die Stadtverwaltung wirkt. Es ist auch unsere Aufgabe, dass die gesetzlichen Errungenschaften im Zuge der Gleichberechtigung auch in den Köpfen und auch besonders in den Herzen der Menschen ankommt.

Intersex und dritte Option
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Oktober vergangenen Jahres entschieden, dass das Personenstandsrecht ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das im Grundgesetz geregelte Diskriminierungsverbot darstellt und die Bundesregierung aufgefordert, die notwendigen Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen. Die Bundesregierung kam nun dem Urteil des Verfassungsgerichts mit einem Gesetzentwurf nach. Der soll einen dritten Geschlechtseintrag ermöglichen. Ein weiterer Schritt der Selbstbestimmung für Menschen, die sich nicht auf eine Geschlechterrolle männlich oder weiblich eingrenzen lassen. Wir haben hier Aufklärung für Stuttgart beantragt, wie wir in Stuttgart mit Intersexualität umgehen und wie wir den Menschen und den betroffenen Eltern mit Beratungsangeboten helfen können. Die Ergebnisse des Antrags werden in die nächsten Haushaltsberatungen einfließen.

Regenbogenfamilien
Für Kinder mit zwei Vätern oder zwei Müttern ist durch die Ehe für Alle vieles besser geworden. Trotzdem bedarf es eines Treffpunktes für die Regenbogenfamilien, wo Kinder dieser Familien ihre Situation als „normal“ empfinden können.

Regenbogenhaus
Und für die Belange der LSBTTIQ ist in Stuttgart schon längst ein sichtbarer Ort notwendig, in denen die verschiedenen Vereine und Beratungsangebote gebündelt werden können. Beim CSD gehört es mittlerweile zum guten Ton fast aller Parteien, gesehen zu werden. Wir GRÜNE sind auch hier seit Jahren dabei und unterstützen aber auch genauso die Überlegungen und Planungen des AK QUEER für ein Regenbogenhaus in Stuttgart, in dem die Belange von LSBTTIQ auch das Jahr über jenseits des CSD oder der anderen Feste im Stadtleben präsent sein können und müssen. 

Sichtbare Vielfalt!
Eine Veranstaltung der Grünen im Stuttgarter Rathaus zum CSD 2017

Für die große Mehrheit der StuttgarterInnen gehört es zur Normalität, dass jeder Mensch das Recht hat, seine sexuelle Orientierung zu leben. Und endlich hat auch die Kanzlerin und ihre CDU eingesehen, dass 83 Prozent der Deutschen die Ehe zwischen zwei Frauen bzw. zwei Männern befürwortet. Wir freuen uns sehr, dass gleichgeschlechtliche Paare nun endlich heiraten und die Ehe mit all ihren Rechten und Pflichten leben können. Für unsere Gesellschaft ist das ein riesen Gewinn, denn in Zukunft bekennen sich noch mehr Menschen zueinander und übernehmen Verantwortung füreinander. Dass dies möglich ist, dafür haben wir Grünen in den letzten Jahren Druck gemacht. Dieser Einsatz – besonders der von unserem Bundestagsabgeordneten Volker Beck, der schon im Jahr 2001 Ehrengast auf unserem Stuttgarter Paradewagen war – hat jetzt zu diesem Erfolg geführt.

Doch gleichzeitig haben Debattenbeiträge, aber auch die diesjährige Studie „Einstellung gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aufgezeigt, welche Arbeitsfelder noch vor uns liegen. So ist das Thema Homosexualität innerhalb der Familie immer noch ein schwieriges. Darüber und welchen Mehrwert Vielfalt für unsere Gesellschaft hat, möchten wir mit Ihnen und unseren Gästen bei unserer Veranstaltung „SICHTBARE VIELFALT: Mehrwert für die (Stadt-) Gesellschaft“ ins Gespräch kommen.

Auf dem Podium sprechen Harald Christ, Vorstandsvorsitzender der ERGO Beratung und Vertrieb AG, Dr. Dirk Jakobs, Head of Global Diversity Office bei Daimler, Ines Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, Armin Dellnitz, Geschäftsführer Stuttgart-Marketing Regio Stuttgart Marketing, Christoph Michl Geschäftsführer IG CSD Stuttgart e.V. mit unserem Fraktionsvorsitzenden Andreas G. Winter darüber, wie sichtbare Vielfalt soziale Diskriminierung verhindert und Chancengleichheit verbessert werden können. Darüber hinaus wollen wir ganz im Sinn eines Perspektivwechsels den Mehrwert für die Stadtgesellschaft diskutieren. Wir freuen uns, dass wir unsere Veranstaltung im „Rudolfs KÜCHE UND CAFÉ“ machen können. Dazu gibt es kleine Kostproben aus der Küche des Nachhaltigkeitspartners des Landes Baden-Württemberg. Der Eintritt ist frei. Anmeldung unter 0711-216 60722 oder gruene.fraktion@stuttgart.de 

 
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